Autismus und selektiver Mutismus in der Logopädie

Wie häufig kommen frühkindlicher Autismus und selektiver Mutismus vor?

1,3 bis 2,2 von 1000 Kindern sind von frühkindlichem Autismus, auch Kanner-Syndrom genannt, betroffen. Davon sind rund 75% Jungen.

Er ist die schwerwiegendste Form der Autismus-Spektrum-Störungen und macht sich häufig schon in den ersten Lebenswochen (spätestens bis zum 30. Lebensmonat) bemerkbar.

Je früher die Diagnose gestellt werden kann, desto schneller und besser kann eine gezielte Förderung eingeleitet werden. Ähnlich verhält es sich mit den Zahlen zum selektiven Mutismus. Dieser tritt bei 0,1-0,7% der Kinder auf. Hierbei sind allerdings die Mädchen 1,6-2,6x häufiger betroffen.

Was sind häufige Symptome für den frühkindlichen Autismus?

Zu den möglichen (Früh-)Symptomen des Kanner-Syndroms zählen:

  • Ablehnen der Brust/Schwierigkeiten beim Füttern
  • Stark ausgeprägte Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus
  • Stereotypes Spielverhalten

Natürlich verläuft jeder Fall individuell und kann die Hauptmerkmale autistischer Störungen (gestörte soziale Interaktion; beeinträchtigte Kommunikation/Sprache; wiederholte, stereotype Verhaltensweisen und Interessen) mehr oder weniger stark beinhalten. Bei rund 50-70% tritt zusätzlich eine geistige Behinderung auf.

Was sind mögliche (Früh-)Symptome für selektiven Mutismus?

  • nicht Sprechen in unbekannten Situationen
  • Sprechen nur mit bestimmten Personen, z.B. mit den Freunden im Kindergarten schon, mit den Erzieherinnen auch nach 3 Monaten nicht
  • Starrer Gesichtsausdruck
  • Versteinerte Körpersprache

Die Rolle der Logopädie bei Autismus?

Gegen den weit verbreiteten Glauben therapieren LogopädInnen nicht den Autismus selbst, sondern die damit einhergehenden Probleme in der Sprachentwicklung. Zwar gibt es einige AutistInnen, die einen (nahezu) normalen Spracherwerb aufweisen, bei vielen bleibt dieser aber aus oder besteht aus Echolalien und Lautieren. Des Weiteren können viele Kinder mit Autismus Mimik und Gestik nur schwer wahrnehmen und haben Probleme damit, Blickkontakt herzustellen. Wenn die Lautsprache nahezu oder vollständig fehlt, und noch dazu Mimik und Gestik keine akzeptable Hilfe darstellen, ist es sehr schwer, in Kommunikation mit Anderen zu treten und die eigenen Bedürfnisse auszudrücken.

In einer logopädischen Therapie kann dabei unterstützt werden, Sprache anzubahnen, die Kommunikationsart des Kindes herauszufinden und zu verstehen oder eine alternative Form der Kommunikation zu erlernen.

Verschiedene logopädische Therapieansätze bei Autismus

Bei der Therapie selektiv mutistischer Kinder stehen zum einen der Aufbau einer sicheren therapeutischen Beziehung und zum anderen die Einbeziehung von Eltern und Personen aus den verschiedenen Lebensbezügen des Kindes im Vordergrund. Mittels Interessen des Kindes werden hierbei immer wieder Situationen geschaffen, in welchen das Kind neue Erfahrungen mit Sprache und Kommunikation sammeln kann und so seine sprachlichen Hürden Schritt für Schritt abbauen kann. Der zunächst kleine, vertraute Kreis kann dann in angepasstem Tempo ausgebaut und erweitert werden. So soll die Angst, bzw. die Unfähigkeit in konkreten Situationen sprechen zu müssen, nach und nach minimiert werden. Wird der selektive Mutismus frühzeitig erkannt und vor allem auch therapiert, darf man sich Hoffnungen machen, dass sich das Sprech- und Sozialverhalten des Kindes normalisiert. Erfahrungsgemäß spricht circa die Hälfte aller betroffenen Kinder im späteren Leben normal. Ob und wann dieser Erfolg eintritt ist aber von verschiedenen Faktoren abhängig, die nicht pauschal auf alle PatientInnen angewendet werden können.

Was gibt es für Expertentipps?

Unsere Kollegin und Fachexpertin für Autismustherapie Mara versucht, sich in der Therapie mit autistischen Kindern immer an die folgenden drei Grundsätze zu halten:

  • eine gut strukturierte, „berechenbare“ und übersichtliche Therapieeinheit, um ein Sicherheitsgefühl zu vermitteln
  • möglichst das gleiche, reizarme Umfeld/Setting schaffen, da autistische Personen wesentlich länger benötigen, um sich an neue, unbekannte Situationen zu gewöhnen
  • Erwartungshaltung ablegen! Hohe Ansprüche und unrealistische Ziele üben nur unnötigen Druck aus und verschlechtern die Chance auf Fortschritte

Bei mutistischen Kindern sind unserer Kollegin Cornelia, die sich auf oft noch schweigende Kinder spezialisiert hat, wichtig

  • die Eltern umfassend zu beraten und aufzuklären
  • dass Eltern verstehen, dass es kein absichtlich trotziges oder unwilliges Verhalten ihres Kindes ist, dass es mit einigen Menschen nicht spricht
  • die logopädische Therapie offen zu gestalten und ohne Tabu mit dem Kind über sein Verhalten zu sprechen, sowie gemeinsame Lösungswege zu erarbeiten
  • dass in der Therapie gezielte Sprech- und Kommunikationsübungen stattfinden

Und jetzt kommst du!

Würdest auch Du gerne in die logopädische Arbeit mit autistischen und/ oder mutistischen Kindern einsteigen, fühlst dich aber noch unsicher oder hilflos? Dann bist du bei uns genau richtig! Wir bei der LPP-Akademie haben ein breites Spektrum an Angeboten in diesem Bereich. Dabei legen wir ein besonderes Augenmerk auf DozentInnen, die mit beiden Beinen mitten im Geschehen stehen und neben der aktuellen Studienlage auch nie den engen Bezug zur Praxis aus den Augen verlieren, damit ihr gleich nach der Fortbildung das Gefühl erhaltet, loslegen zu können. Informiere dich auf unserer Homepage und finde die für dich und deinen Praxisalltag passende Fortbildung.

Wir freuen uns auf Dich!